Wer mit 45 oder 50 Jahren eine Führungsposition verlassen muss, ist heute vielfach "zu alt", zu teuer und oft auch zu unbequem für die nächste vergleichbare Stelle.

Karriere zu Ende, aber viel zu früh

[dropcap]V[/dropcap]erfolgt man die Personalmeldungen der Medienhäuser mit, fällt auf, dass die Mehrheit der neu ernannten Ressortleiter und Chefredaktionsmitglieder heute zwischen Anfang 30 und Mitte 40 sind, damit nicht selten eine Generation jünger als ihre Vorgänger. Diese veränderte Personalauswahl bedeutet, dass Karrieren auch früher enden: Wer 45 oder 50 ist und eine Führungsposition verlassen musste, ist für die nächste nun „zu alt“, durch vorherige Verträge und Tarifregelungen zu teuer, aus Sicht mancher Arbeitgeber auch zu wenig formbar.

Und so findet sich inzwischen eine erstaunliche Zahl bislang erfolgreicher Journalisten in der Situation wieder, dass alle Bewerbungen im Sand verlaufen – abgesagt mit diplomatischen Floskeln wie „überqualifiziert“ oder „haben andere Vorstellungen“. Die Karriere ist zu Ende, aber viel zu früh – denn bis zur Rente sind es dann doch noch 15 bis 20 Jahre. Die Ersparnisse, um diese Zeit als Weltreisender mit gelegentlicher Autorentätigkeit zu überbrücken, hat nur selten jemand. Dazu haben all die modernen späten Eltern noch schulpflichtige Kinder, während die ihrer Vorgänger zu diesem Zeitpunkt längst die Ausbildung abgeschlossen hatten und eigenes Geld verdienten. Was also tun?

Viele frühere Kollegen finden sich wieder zusammen

Lange war der naheliegende Schritt, sich selbstständig zu machen, etwa als Berater für neue Magazinformate, später auch im Bereich Digitalisierung und Social Media. Nicht selten waren diese „Selbstständigkeiten“ aber, ehrlich betrachtet und völlig wertfrei festgestellt, erkennbare Verlegenheitslösungen bis zur nächsten Festanstellung: Einzelunternehmen, die meist auf frühere Arbeitgeber als Kunden hofften. Problem: Inzwischen sparen sich viele Verlage die externen Berater und lassen neue Formate und Projekte intern entwickeln.

Ein Trend der letzten Jahre ist, dass sich ehemalige Kollegen wieder zusammenfinden, diesmal aber in eigenen Unternehmen. Die Spanne reicht von zwei Journalisten, die ein gemeinsames PR-Büro starten, rechtlich noch Einzelunternehmer, die sich aber die Räume und eingehenden Aufträge teilen – bis hin zu GmbH-Gründungen, die inzwischen selbst zwischen fünf und 100 Angestellte beschäftigen. Das funktioniert vielfach sehr gut: Man kennt sich, schätzt seine routinierte Arbeitsweise und Professionalität.

Insbesondere im Bereich Content-Marketing, also der Produktion redaktioneller Inhalte für Firmenkunden, haben sich inzwischen äußerst professionelle Strukturen entwickelt, die manchen an die guten Zeiten der Redaktionen in den 90ern erinnern: Eingespielte Teams, die personell ausreichend gross sind, dazu ein Stamm an freien Mitarbeitern vom Texter und Fotografen bis zum Grafiker, die nicht selten ebenfalls ehemalige Kollegen sind. Kurz: Man organisiert sich selbst, was die Medienhäuser vielfach nicht mehr bieten können.

Mehr Spaß und Freiheit, aber niedrigere Einkommen

Die Einkommen sind, das muss man einräumen, oft deutlich niedriger – je nach vorheriger Position können das 30 bis 50 Prozent weniger sein. Natürlich beteuern alle, dass sie dafür „mehr Spaß“ hätten und „die Freiheit geniessen“ würden. Das ist sicher nur begrenzt ein Ersatz, gleichwohl erlebe ich diese Journalisten als realistisch und pragmatisch. Gewillt, sich mit einer Situation, dass nämlich die Konzern-Karriere zu Ende ist, nicht nur abzufinden, sondern das Beste daraus zu machen und vielleicht anderweitig erfolgreich zu sein.

Nicht wenigen wählen, wie an früherer Stelle geschrieben, auch den Wechsel in eine andere Branche, etwa als Pressesprecher oder in einen der Newsrooms, wie ihn viele Konzerne von Industrieunternehmen bis zu Versicherungen nun selbst für ihre PR-Bereich einrichten. Andere wechseln in einen anderen Beruf, vielfach anknüpfend an eine frühere Ausbildung oder einen absolvierten Studiengang, und schreiben nur noch gelegentlich oder gar nicht mehr. Manchmal bedauern das, andere hatten sowieso genug – „been there, done that“.

Und schließlich gibt es auch diejenigen, die ein wenig feststecken nach dem Ende der Karriere: Die stolz verkündete Weltreise, die auf Facebook für viele schöne Fotos und Begeisterung im Freundeskreis sorgt, wird immer länger und bekommt einen zunehmend bitteren Beigeschmack. Man hätte eigentlich etwas zu Hause zu erledigen, hat aber keine Idee, was und wie, die vereinbarte Lohnfortzahlung nach der Kündigung läuft aus, und die Ersparnisse werden immer kleiner. Hier ist es sicher Zeit für einen kleinen Realitätscheck: Wie soll das weitergehen, wie sind meine Chancen nach einem Jahr Arbeitslosigkeit?

Keine gute Idee ist es, das Karriereende zu verschweigen. Ich sehe immer wieder Journalisten, die in ihren Social-Media-Profilen (und auch Kress-Köpfen) unter Positionen auftreten, die sie längst nicht mehr haben. Zum einen ist das rechtlich heikel gegenüber dem früheren Arbeitgeber, der möglicherweise nicht möchte, dass ein ehemaliger Angestellter weiterhin nach außen als dessen Vertreter auftritt. Zum anderen braucht es Offenheit, damit andere erkennen, wer sucht oder bei Bedarf verfügbar wäre – diese Ehrlichkeit ist kurzfristig vielleicht unangenehm, mittelfristig aber entscheidend für neue Angebote und Chancen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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