Nicht selten: Auf Facebook die Welt verbessern wollen, aber mit dem eigenen Leben überfordert sein.

Zu viel Zeit verschwendet auf Social Media

[dropcap]E[/dropcap]ine der ersten Fragen, die ich neuen Klienten stelle, lautet: Was tolerieren Sie derzeit in Ihrem Leben? Alltägliche Antworten darauf sind: Dauerhafte Schulden, die man längst hätte abzahlen können, Unordnung (z. B. unsortierte Unterlagen, vertrocknete Zimmerpflanzen, schmutziges Auto), Unzufriedenheit in der Arbeit oder mit der Beziehung, Übergewicht, ungepflegtes Aussehen, beschädigte, unreparierte Gegenstände oder Kleidungsstücke.

Nichts davon ist weltbewegend oder bedürfte viel Aufwand, um es abzustellen. Trotzdem geschieht es nicht, oft monate- und manchmal jahrelang, obwohl die betreffende Person, etwa ein Ressortleiter, Produktmanager oder freier Journalist, ansonsten natürlich geübt darin ist, sich zu organisieren. Was steckt dahinter? Vielfach etwas, um das es heute gehen soll – der fehlende Fokus auf die Dinge, auf die man überhaupt einen Einfluss hat.

Verschwendete Zeit und Kraft, die woanders fehlt

„Ich verschwende zu viel Zeit auf Facebook“, ist eine häufige Erklärung, „auch Twitter hält mich ständig auf.“ Das kommt dem Grund näher, fasst ihn aber noch nicht ganz: Wer sich ständig mit Dingen beschäftigt, auf die er gar keine Einfluss hat, bezahlt einen Preis – nämlich, dass die Dinge, auf die er Einfluss hätte, darunter leiden. Eben all die Kleinigkeiten des Alltags, aber auch Pläne wie eine nebenberufliche Selbständigkeit oder mehr Sport.

Wer sich auf Facebook oder Twitter mit anderen (oft sogar flüchtigen Bekannten oder gänzlich Fremden) darüber streitet, ob Glyphosat nun zugelassen werden sollte oder nicht, wie Donald Trump seine Außenpolitik zu gestalten habe, was zu dieser Äußerung der AfD, der Syrienkrise und jenem Tiervideo aus Griechenland zu sagen sei, will sich oft etwas nicht eingestehen: All diese Themen machen zwar betroffen, gleichzeitig ändert das reine Streiten darüber gar nichts, kostet aber viel Zeit, Nerven und nicht selten auch Freundschaften.

Exakt diese Zeit und Energie fehlt woanders, nämlich etwa da, wo es darum geht, endlich die eigene Steuererklärung von 2014 vorzubereiten, das LinkedIn-Profil oder seine Webseite zu pflegen (sollte jeder Selbständige oder mit Nebenjob haben), sich mit dem Partner oder Freunden zu unterhalten anstatt ins Handy oder den Laptop zu tippen oder, zunehmend ein Problem, mal wieder jeden Abend rechtzeitig ins Bett zu gehen und genug zu schlafen.

Entscheidend ist, wo Sie etwas bewirken können

Stephen Covey unterscheidet in seinem Buchklassiker „Die 7 Wege zur Effektivität“ die beeinflussbaren Dinge von denen, die uns beschäftigen, aber nicht von uns beeinflusst werden können. Das selbe tut das „Gelassenheitsgebet“, das in vielen Varianten überliefert ist und verschiedensten historischen Figuren zugeschrieben wird: „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Selbstverständlich ist das kein Plädoyer dafür, sich aus dem gesellschaftlichen und politischen Diskurs herauszuhalten, keine Meinung zu vertreten und sich nur noch dem kleinen Glück daheim zu widmen, ganz im Gegenteil. Das Kriterium ist die Wirkkraft: Hat das, was ich tue, einen realen Einfluss – erreicht es jemanden, der beim Thema eine Rolle spielt, und überzeuge ich damit überhaupt? Und wenn man ehrlicherweise einräumen muss, dass beides nicht der Fall ist: Könnte man seine Zeit nicht anderweitig besser nutzen?

Für Journalisten ist diese Unterscheidung vielleicht sogar schwieriger als für andere, denn der Beruf bringt es mit sich, dass man häufig exakt das tut: Sich zu etwas äußern, was zwar donnernd klingt, aber komplett völlig verhallt. Schreibt etwa eine deutsche Lokalzeitung einen flammenden Brief an Trump mit der Forderung, die US-Waffengesetzgebung zu ändern, wäre dazu zu sagen: Die Leser in Kassel, Erfurt oder Hannover leben nicht in den USA und wählen dort auch nicht. Der US-Präsident liest den Text nie, er wäre ihm auch gleichgültig, und er ist selbst in den USA gar nicht für das Waffenrecht zuständig.

Wie kommt man nun aus der Gewohnheit heraus, sich um Dinge zu sorgen, auf die man keinen Einfluss hat, und dadurch diejenige zu vernachlässigen, auf die man einen hat?

  1. Zuerst sollte man die Kosten seines bisherigen Verhaltens betrachten. Da ist die verlorene Zeit: Wie schnell ist eine Stunde, oder sogar ein ganzer Abend weg durch nutzlose Online-Streitereien und Gedanken um etwas, das gar nicht zu beeinflussen ist oder im eigenen Leben in Wahrheit überhaupt keine Rolle spielt? Dazu kommt all die unnütz aufgewendete Kraft, man ist danach enttäuscht oder verbittert, ärgert sich über sich selbst und andere. Zudem auch noch die sozialen Kosten: Mancher hat sich von Kollegen und Bekannten entfremdet oder sogar Freunde verloren.
  2. Als nächstes ist es hilfreich, einmal zu reflektieren, wie unterschiedlich es sich anfühlt, je nachdem, worum man sich kümmert. Geht es um etwas, das gar nicht zu beeinflussen ist, dann ist auch der eigene der Ton oft schimpfend, klagend und verletzend, man macht einseitige Vorwürfe und fordert etwas, von dem von Anfang an klar ist, dass es nicht erfüllt ist. Geht es dagegen um etwas, das zu beeinflussen ist, dann ist der Ton konstruktiver, versöhnlicher, man schlägt etwas vor, denkt mit, überzeugt und plant – es geht also um Aktivität und Kooperation.
  3. Nehmen Sie sich als nächstes vor, möglichst viele Dinge ins Auge zu fassen und anzugehen, die sich direkt um sie herum befinden, und wenn es anfangs nur für 15 Minuten ist. (Ein Freund stellte sich die Regel: „Die fünf Meter um mich herum.“) Was könnten Sie in diesem Bereich tun: Das Buchregal aussortieren, eine Bewerbung schreiben, die Wäsche bügeln und dabei Musik hören, die Sie mögen, zum Sport gehen? Der Sog der sozialen Medien, deren Geschäftsmodell die Polarisierung ist, wird anfang enorm stark sein, seien Sie daher geduldig mit sich selbst.
  4. Führen Sie Streitgespräche, wenn immer möglich, persönlich. Sie werden erstaunt feststellen, dass man selbst mit einem „politischen Gegner“, also jemandem mit einer konträren Ansicht, sich sehr gut unterhalten kann, hier eine Gemeinsamkeit entdeckt, dort eine interessante neue Facette und sich nicht selten ausgesprochen gut versteht und respektieren kann. Die Schärfe einer Online-Diskussion entfällt, weil der persönliche Aspekt mindestens so wichtig wie der Inhalt des Gesprächs wird.
  5. Zuletzt sollten Sie darüber nachdenken, welche Themen außerhalb Ihres Alltags Sie regelmäßig aufwühlen, denn sie sagen Ihnen etwas über Ihre Werte, was Ihnen also ein Anliegen ist. Wie könnten Sie hier einen echten Einfluss ausüben? Für manchen ist es ein Ehrenamt oder eine individuelle Hilfsaktion in der Nachbarschaft, für andere eine Aktivität in einem Projekt, Verein oder einer Partei. Was auch immer Sie konkret für sich auswählen: Sie überführen das Thema damit ebenfalls in den Bereich der Dinge, auf die Sie tatsächlich einen echten Einfluss haben.

Eine anspruchsvolle, aber lohnende Übung ist es, sich für eine bestimmte Zeit (z. B. für einen Tag oder sogar eine ganze Woche) vorzunehmen, einmal niemanden zu be- oder verurteilen, sondern zuzuhören, nur zu beobachten, interessierte Fragen zu stellen und zu versuchen, eine ganz andere Meinung wirklich zu verstehen. All das sind Voraussetzungen für eine ganz besondere Art des Einflusses, nämlich Überzeugungskraft.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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