Die Frage nach dem Lebenssinn
[dropcap]D[/dropcap]ie Arbeit ist interessant und noch immer herausfordernd, das Gehalt ordentlich und das Unternehmen solide. Trotzdem ist da so ein Unwohlsein, das sich logisch kaum erklären lässt: Bin ich wirklich im richtigen Job, soll das alles gewesen sein? Immer wieder kommen Klienten, erfolgreich und seit Jahren beim gleichen Arbeitgeber, mit dieser Situation zu mir. Was sie beschäftigt, überrascht sie oft selbst und berührt einen Bereich, der in ihrer Karriereplanung bisher nicht vorkam: Die Frage, ob das alles überhaupt einen Sinn hat.
Natürlich kenne auch ich all die Bücher von Managern, die nun Weltumsegler oder Zen-Mönche sind, von gestressten Karrierefrauen, die erst „als Mama-Bloggerin“ oder in einem Sozialprojekt ihre Erfüllung gefunden haben. Das geht ein wenig in die Richtung, sind aber doch eher der exotische Einzelfälle – oft schon aus finanziellen Gründen. Hier daher einige Gedanken für diejenigen, die ihren Beruf grundsätzlich lieben, weiter arbeiten möchten und auch müssen, aber doch etwas Bedeutsames verändern wollen.
Denken Sie einmal über Ihre Spiritualität nach
In jedem Erstgespräch mit neuen Coaching-Klienten spreche ich mit ihnen, wie in einer früheren Kolumne erwähnt, über acht Bereiche ihres Lebens. Einer davon ist das Thema Spiritualität, und für viele ist er der schwierigste, da persönlich weitgehend unerforscht. Was soll das bedeuten, was darauf antworten? Ich gebe bewusst keine Erläuterungen dazu, denn interessant und entscheidend ist die persönliche Deutung und Definition.
Mancher sieht darin eine Frage nach organisierter Religion. Eine typische Antwort hier wäre: „Mein Großmutter war in der Kirche. Ich bin ausgetreten, möchte aber, dass meinen Kindern gewisse Werte vermittelt werden.“ Was die Folgefrage aufwirft, wie das gehen soll, wenn man selbst eine Generation auslässt und „Werte“ weitgehend undefiniert lässt. Andere sagen: „Ich gehe zum Yoga, das ist für mich ein spirituelles Erlebnis.“ Wieder andere: „Für mich ist das gar kein Thema.“ Aber auch: „Ich würde gern jeden Morgen meditieren.“
Fassen Sie den Begriff weiter als Religion
Beim Thema Spiritualität geht es aber um mehr: Um das generelle Eingebundensein in ein universelles Ganzes – etwas, das über einen selbst hinausreicht und sinnstiftend ist. Eine Klientin versteht ihre ehrenamtliche Hospizarbeit, die Begleitung sterbender Kinder in ihrer Heimatstadt, darunter – andere ihr Engagement für Flüchtlinge, ökologische Nachhaltigkeit oder Homosexuellen-Rechte. Das kann individuell stattfinden oder in einer Organisation, sei sie nun religiös geprägt (z. B. Kirchgemeinde) oder nicht (z. B. Tierschutzverein).
Doch auch im Beruf selbst können diese Elemente sich wiederfinden. Ich erlebe regelmäßig Journalisten, die davon motiviert sind, Ungerechtigkeiten und Missstände aufzudecken und Verbesserungen anzuregen – nicht selten ergänzt durch private Aktivitäten, beispielsweise eigene Hilfslieferungen in Kriegsgebiete. Andere finden einen Sinn darin, zu informieren oder zu unterhalten. Es kann durchaus auch sinnstiftend sein, für ein People-Magazin zu schreiben, wenn man davon überzeugt ist, damit anderen etwas Gutes zu tun.
Im Konflikt mit den persönlichen Werten
Wann kommt es aber zu dem erwähnten Unwohlsein, obwohl die sonstigen Komponenten des Jobs stimmen? Wenn er nicht hilft, persönliche Werte auszudrücken oder ihnen gar widerspricht. Das kann ein ethischer Konflikt sein, wenn etwa die politische Richtung der eigenen Zeitung dauerhaft eigenen Überzeugungen widerspricht oder für einen persönlich relevante Themen als Randnotiz betrachtet werden oder überhaupt nicht stattfinden.
Teilweise geht es auch um Konflikte in Bezug auf Lebensentscheidungen, etwa die Frage, ob man nicht endlich mehr Zeit mit der eigenen Familie erbringen sollte. Mehrmals habe ich Klientinnen begleitet, die selbst bestürzt von der Einsicht waren, dass ihnen die ganze Karriere, für die sie so hart gearbeitet hatten, eigentlich gar nichts bedeutete, sie jedoch einen unerfüllten Kinderwunsch schwer bereuten. Teilweise lassen sich anschließend aber interessante Lösungen erarbeiten, etwa ein Wechsel in einen Beruf mit Kindern.
Ist die Frage nach dem Lebenssinn nun ein Luxusproblem? In jungen Jahren, geprägt von äußerer Aktivität, um eine Karriere überhaupt erst einmal zu beginnen und aufzubauen, vielleicht. Langfristig aber wird jede Stimmung reflektiver und die Einsicht wächst, dass Spiritualität so essentiell ist wie Sport: Selbstverständlich kann man auch ohne leben, es ist aber gesünder, sich eine passende Disziplin auszuwählen und sie zu praktizieren.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.
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