Ein Mann unterschreibt einen Vertrag. Viele Medienprofis haben gute Altverträge. Das erschwert Überlegungen über einen Jobwechsel.

Guter Vertrag – kann ich nie mehr den Job wechseln?

[dropcap]S[/dropcap]eit mehr als 20 Jahren arbeitete die Redakteurin einer Tageszeitung bereits beim selben Medienhaus. Ihren Vertrag von einst hatte sie noch immer und verdiente nach diversen Beförderungen und Gehaltserhöhungen seit langem rund 88 500 Euro jährlich (tarifliche Gehaltsgruppe V bb mit Zulagen). Eine gute Summe angesichts dessen, dass sie keine Leitungsfunktion hatte. Allerdings lag die letzte Erhöhung auch Jahre zurück. Die Arbeit langweilte und frustrierte sie. Dazu war wegen Personalabbau ständig mehr zu tun.

Gelegentlich hatte sie sich anderswo beworben, aber entsetzt festgestellt, dass sie bei einem neuen Arbeitgeber realistisch ein Drittel weniger verdienen würde. Zudem hätte sie das Risiko einer Probezeit. Ob eine neue Stelle wenigstens inhaltlich eine Verbesserung wäre, war da noch nicht einmal sicher. Gleichzeitig konnte sie sich nicht vorstellen, weitere 20 Jahre – nämlich bis zur Rente – zu bleiben. Angesichts immer neuer Umstrukturierungen schien es zunehmend auch unwahrscheinlich, dass das überhaupt möglich wäre.

Oft realistisch, dass dieser Vertrag nicht wiederkommt

Viele langjährig angestellten Medienprofis stehen vor diesem Dilemma. Ihr alter Vertrag ist so gut, dass er heute wohl nicht wieder zu bekommen wäre. Mit Mitte 40 bis Anfang 50 sind sie gleichzeitig noch zu jung und die Arbeit zunehmend zu anstrengend, um das Problem über weitere Jahre auszusitzen. Zwar könnte man warten, bis der Arbeitgeber eventuell beim nächsten Stellenabbau in eine Abfindung anbietet. Aber gerade die leistungsfähigsten Mitarbeiter werden von solchen Angeboten oft ausgenommen, weil sie bleiben sollen.

Was also tun? Zuerst zum typischen Fehler in dieser Situation. Wer vor allem auf das Gehalt schaut und eventuelle Angebote hauptsächlich unter diesem Gesichtspunkt vergleicht, wird sich nie bewegen können. Der Ansatz ist verständlich wegen der alltäglichen finanziellen Verpflichtungen: Partner, Familie, Miete oder Hauskredit. Er führt aber in eine Sackgasse. Außer bei einem Sprung mehrere Hierarchiestufen hinauf oder den Umzug in eine Region mit höherem Gehaltsniveau ist es eher unwahrscheinlich, woanders gleich viel oder gar mehr zu verdienen. Zudem im letzteren Fall wiederum die Kosten höher wären.

Mindestens zwei Lebensbereiche verbessern

Überlege deshalb: Warum willst du dich überhaupt verändern? Was fehlt dir am aktuellen Job, was frustriert, ärgert oder erschöpft dich? Und im positiven Sinne: Welches Leben schwebt dir vor, wie sollte dein Alltag im besten Falle aussehen? Meist ist ein beruflicher Wechsel nur sinnvoll und auch attraktiv, wenn er mindestens zwei, besser drei Lebensbereiche aus der nachfolgenden Liste verbessert.

  1. Beruf und Karriere: Du steigst hierarchisch auf (z. B. vom Chefreporter zum Ressortleiter) oder kannst zu einem angesehenen Arbeitgeber wechseln.
  2. Persönliche Finanzen: Du verdienst mehr oder kannst deine Kosten senken, z. B., weil du oder dein Partner nicht mehr pendeln müssen (Fahrten, Zweitwohnung).
  3. Persönliche Entwicklung: Du kannst etwas Neues lernen, das dich interessiert, noch einmal herausfordert oder dir die Freude am Arbeiten zurückbringt.
  4. Beziehung und Familie: Du hast mehr Zeit für deinen Partner und die Kinder. Etwa durch geregelte oder kürzere Arbeitszeiten, keine Nacht- oder Wochenenddienste.
  5. Enge soziale Beziehungen: Es ist dir wieder möglich, dich deinen Freunden und Hobbys zu widmen. Meist möglich durch kürzere Arbeitszeiten und -wege.
  6. Gesundheit und Alter: Du bist weniger gestresst und findest wieder die Zeit und Kraft, Sport zu machen, ausreichend zu schlafen und dich gesund zu ernähren.
  7. Spaß und Lebensfreude: Du bist entspannter, lachst mehr, fühlst dich gut. Auch das Umfeld ist hier ein Faktor, je nach Wunsch z. B. Großstadt oder mehr Natur.
  8. Lebenssinn und Spiritualität: Die neue Arbeit kommt dir sinnvoller vor. Du hast den Eindruck, deine Lebenszeit für einen guten Zweck zu verwenden.

Wenn sich nur ein Lebensbereich verbessert, ist es meist sinnvoller, beim alten Vertrag zu bleiben. Die Risiken eines Wechsels lohnen sich nicht. Wenn du aber zwei oder mehr Bereiche verbessern kannst, sieht die Gesamtrechnung gleich ganz anders aus. Eventuell verdienst du weniger, aber möglicherweise brauchst du auch weniger Geld und hast zudem eine höhere Lebensqualität. Schon allein, nicht mehr pendeln oder jeden Sonntag in der Redaktion sein zu müssen, ist für viele Paare und Familien eine enorme Verbesserung.

Die Sinnfrage stellen

Ein Karriere-Coaching beginnt oft mit dem Wunsch, eine neue Stelle zu finden – aus Frust, Erschöpfung, Enttäuschung. Schon im ersten Gespräch zeigt sich fast immer, dass bisherige Bewerbungen nur selten Erfolg hatten und oft beim Gehaltsgespräch ein Ende fanden. Wer weiter denkt und sich sein neues Leben ganzheitlich vorstellt, entkommt diesem Dilemma. “Wie will ich eigentlich leben” schließt die Frage nach dem nötigen und gewünschten Einkommen ein. Es fasst sie aber weiter, so wie ein gutes Leben tatsächlich eben ist.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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