Kein Weg zurück in den Job

[dropcap]V[/dropcap]iele Probleme am Arbeitsplatz lassen sich lösen, wenn Sie genug Zeit und Energie dafür haben. Ein schwieriger Chefredakteur lässt sich aussitzen, eine unangenehme Aufgabe (z. B. zugewiesene Themen) neu organisieren oder verschieben, ein nerviger Kollege auf mehr Abstand bringen (z. B. durch Wechsel in einen anderen Raum). Doch es gibt auch Situationen, in denen all das gar keine Option mehr ist: Wenn klar ist, dass der aktuelle Job überhaupt keine Zukunft mehr für Sie bietet.

Wegen des strengen deutschen Kündigungsschutzes geht diese Einsicht meist nicht vom Arbeitgeber aus. Sondern: Der Mitarbeiter selbst, völlig erschöpft und nicht selten seit Monaten krankgeschrieben, ist am Ende seiner Kräfte. Für ihn gilt es, nach manchmal Jahrzehnten im selben Medienhaus, einer schwer vorstellbaren Realität ins Auge zu sehen: Es gibt kein Zurück mehr in den Job. Welche Optionen es in dieser schwierigen, aber nicht seltenen Situation gibt, darum soll es heute gehen.

Hinweise, dass Sie nicht mehr zurückkehren sollten

Zuerst einmal gilt es zu prüfen, ob Sie überhaupt betroffen sind oder vielleicht nur kurzfristigen Frust haben und urlaubsreif sind. Typische Hinweise darauf, dass Sie wahrscheinlich nicht mehr zurückkehren sollten, damit es Ihnen nicht noch schlechter geht:

  • Sie sind seit Monaten krankgeschrieben und sicher, dass ein Großteil Ihrer Beschwerden psychische Ursachen hat, die mit dem Arbeitsplatz zusammenhängen.
  • Allein der Gedanke, wieder in die Redaktion zurückzukehren, verursacht bei Ihnen höchst unangenehme Gefühle wie Angst, Beklemmung oder Panik.
  • Gewisse Dinge frustrieren Sie schon seit Jahren, etwa bestimmte Vorgesetzte oder Praktiken. Sie hatten immer gehofft, dass sich das von selbst löst, aber vergeblich.
  • Eigentlich wollten Sie schon seit langem gar nicht mehr da sein. Sie sind nur noch immer am selben Platz, weil frühere Bewerbungen u.ä. halbherzig oder erfolglos waren.

Wenn Sie sich in dieser Situation befinden, ist allein der Gedanke, vielleicht nicht mehr an den alten Arbeitsplatz zurückzukehren, befreiend und beängstigend zugleich. Einerseits: Endlich weg von all dem, was Sie seit Jahren belastet, ein echter Neuanfang. Andererseits: Wie geht es finanziell weiter ohne das sichere Gehalt, werden Sie nicht völlig abrutschen? Und können Sie das, was Sie an Ihrem Job bis heute lieben – meist Interviews, Reportagen, Schreiben – vielleicht nie wieder machen?

Prüfen Sie, was Sie bei einer Rückkehr noch gewinnen können

Wer sich jahrelang in der Redaktion aufgerieben hat, entwickelt oft einen Tunnelblick: Fokussiert auf die Probleme mit einem bestimmten Chef oder Frust über bestimmte Anforderungen oder Praktiken (z. B. das pausenloses Umschreiben der eigenen Texte durch andere). Andererseits aber mit der Illusion, dass es doch auch einmal anders werden müsse. Hier heisst es, realistisch zu sein: Was können Sie bei einer Rückkehr in Ihre bisherige Redaktion tatsächlich noch gewinnen oder für sich herausfinden?

Meist lautet die Antwort: Nicht mehr viel. Sie kennen die Redaktion und alle Beteiligten wahrscheinlich seit Jahren und besser als viele andere, da Sie immer geblieben sind, während andere gekommen und wieder gegangen sind. Sie sehen die Dinge durch Ihre Krise jetzt anders, für alle andere läuft es jedoch weiter wie gehabt. Trotzdem sollten Sie diese Option gründlich durchdenken: Was ist es, das Sie (außer natürlich dem Gehalt) durch eine Rückkehr überhaupt noch gewinnen könnten?

Suchen Sie Anhaltspunkte, ob sich weiter Abwarten lohnt

Eine Möglichkeit ist es, dass es tatsächlich absehbare Veränderungen geben wird, die Ihnen zugute kommen. Beispiel: Ihre schwierige Vorgesetzte, die Sie als einen Hauptgrund für Ihre Probleme sehen, wird in einigen Monaten die Redaktion wechseln – die Personalie ist bereits verkündet. Oder es steht ein interner Umbau an, der Sie tatsächlich interessiert und Ihnen neue Chancen eröffnet kann. Wenn all das nicht der Fall ist, wird es wahrscheinlich genauso weitergehen wie vor Ihrer Krankschreibung.

Das kann eine niederschmetternde oder zumindest enttäuschende Feststellung sein, aber auch das Ende eines jahrelangen Selbstbetrugs: Sie hatten immer wieder gehofft, dass sich etwas ändert, etwa beim Wechsel eines Ressortleiters. Aber von minimalen Veränderungen, etwa einem zeitweise etwas besserem Redaktionsklima, ging es eigentlich immer gleich weiter. Nicht selten liegt die letzte wirklich glückliche, unbeschwerte Phase im Job schon fünf bis zehn Jahre oder länger zurück.

Entscheiden Sie, ob Sie noch stark genug sind, um zu pokern

Wer gesund und erholt ist, kann mit einer gewisse Kaltblütigkeit noch viel aus einem Arbeitsverhältnis herausholen, das eigentlich am Ende ist. Jetzt noch die Interviews, Reportagen und Dienstreisen, die Sie immer schon mal machen wollten. Noch zur einer Weiterbildung oder internen Rotation, die für spätere Bewerbungen nützlich sein kann. Aktives Netzwerken aus der aktuellen Position heraus – die Visitenkarte eines angesehenen Medienhauses öffnet Türen, die später vielleicht verschlossen sind.

Mit guten Nerven kann man sich all dem widmen und ansonsten abwarten, bis der Verlag wieder einmal Stellen abbauen will und ein attraktives Abfindungsangebot aushandeln (mehr als die üblichen 0,5 durchschnittlichen Monatsgehälter x Beschäftigungsjahre). Die Frage, die Sie sich stellen müssen, ist: Hätten Sie dazu überhaupt die Kraft oder würde Sie der redaktionelle Alltag sofort wieder aufsaugen und krankmachen? Dann ist diese an sich sehr gute Strategie für Sie nicht mehr geeignet.

In diesem Fall ist ein häufiger Weg der folgende: So lange wie möglich krankgeschrieben zu bleiben, um zu Kräften zu kommen, aber gleichzeitig aktiv den Wechsel vorantreiben. Bewerbungsunterlagen aktualisieren, Referenzen anlegen (oft müssen Sie dafür noch einmal in die Redaktion, wenn Sie keine PDFs Ihrer Artikel aus dem Archiv gezogen haben), Kontakte knüpfen. Wichtig: Nicht nur über den Job nachdenken, sondern darüber, wie Sie sich Ihr neues Lebens insgesamt wünschen, beispielsweise auch welchen Wohnort, Arbeitszeiten, Beziehung und Familie, Sinnhaftigkeit und anderes.

Als Coach habe ich immer wieder Medienprofis begleitet, die teilweise so erschöpft waren, dass sie kaum noch den Telefonhörer für längere Zeit in der Hand halten konnten und sicher waren, nie wieder etwas anderes oder gar besseres zu finden. Diese düstere Einschätzung relativiert sich: Sie haben allesamt ein neues berufliches Kapitel begonnen, oft sogar bewusst in einer anderen Branche (z. B. Soziales, Kunst, Bildung) und ihre Stärke und Lebensfreude zurückgewonnen. Die Krankschreibung hatte sie zu der Entscheidung gedrängt, zu der sie selbst nicht den Mut hatten, die aber seit langem überfällig war.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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