Ein Mann hält sich erschrocken die Hand vor das Gesicht. Hat er einen Fehler gemacht?

Lerne aus deinen Fehlern, bereue sie nicht nur

[dropcap]E[/dropcap]in Kulturjournalist hatte sich bei einem Verlag für das entsprechende Ressort beworben, auch wenn die Stelle nur befristet war. Im Bewerbungsgespräch hatte man ihm versprochen, dass die Verlängerung der Planstelle schon beschlossen sei – zumindest erinnerte er sich so. Sein Chefredakteur teilte ihm jedoch sechs Monate später mit, dass dies doch nicht der Fall sei und man nur eine Verlängerung als Lokalredakteur in einer 1,5 Stunden entfernten Kleinstadt anbieten könne. Aus Mangel an Alternativen sagte der Journalist zu, fand sich nun aber weit entfernt von seinem Wohnort mit einer Aufgabe wieder, die er weder mochte noch besonders gut beherrschte. War die Bewerbung von Anfang an ein Fehler gewesen?

Eine Produktmanagerin hatte vor mehreren Jahre eine Fernbeziehung begonnen, die sehr einseitig ausfiel: Wollte sie mit ihrem Partner zusammen sein, musste sie zu ihm fahren, was eine mehrstündige Autofahrt nach Feierabend für sie bedeutete. Er hatte, angeblich wegen beruflicher Verpflichtungen, dafür fast durchweg „keine Zeit“. Ihren Fragen nach zukünftigen Plänen, sie dachte vor allem an eine gemeinsamen Wohnung, wich er aus. Das verunsicherte sie auf Dauer so, dass sie weitergehende Wünsche wie Heirat oder Kinder gar nicht erst ansprach. Allerdings hatte sie das Gefühl, dass ihr mit zunehmendem Lebensalter die Zeit davonlief. War es ein Fehler gewesen, diese Beziehung so lange weiterzuführen?

Reflektion ja, grübeln nein

Reue über vergangene Entscheidungen gehört zum Leben. Es gibt niemanden, der sich nicht manchmal denkt, dass er gewisse Dinge rückblickend hätte anders machen sollen. Als Gedankenspiel – „Wäre es besser gewesen, wenn…?“ – kann diese Reflektion sinnvoll sein. Wenn daraus aber ein dauerhaftes Grübeln wird, ein grundlegenden Zweifel an sich selbst, dann schadet es. Wer immer wieder an die Vergangenheit denkt und was er damals hätte anders entscheiden, machen oder sagen sollen, verschwendet die Energie, die er für die Gestaltung der Zukunft benötigt. Ewige Reue ist vergebliche Mühe, beschädigt das Selbstbewusstsein und den Glauben an die eigene Urteilskraft – „was, wenn es wieder schiefgeht?“

Akzeptiere, dass du dein Bestes getan hast

Das Wort „Fehler“ solltest du vermeiden, wenn du auf deine Entscheidungen zurückblickst. Es trägt den Vorwurf des grundsätzliche Irrtums in sich: Du hast etwas „falsch gemacht“ und musst nun dafür büssen. Hier empfiehlt es sich, versöhnlicher mit sich selbst zu sein: Du hast das Beste gemacht, was dir mit deinem damaligen Wissen und den vorhandenen Möglichkeiten sinnvoll erschien. Wenn du im Rückblick erkennst, dass es bessere Optionen gegeben hätte, zeigt sich darin vor allem, dass du seitdem dazugelernt hast. Das ist kein Fehler, sondern ein Gewinn.

Erkenne, was für ein Mensch du damals warst

Eine wertvolle Reflektion ist, sich noch einmal in den Menschen zurückzuversetzen, der du damals gewesen bist. Was hat dich zu dieser Zeit dazu gebracht, so zu entscheiden? Meist handelte es sich um eine Bedürftigkeit, sei sie finanziell, körperlich, emotional oder anderweitig, die deinen Handlungsspielraum eingeschränkt hat. Heute bist du weiter und stärker. Du hast einen Preis dafür bezahlt. Gleichzeitig kannst du stolz auf deine Entwicklung sein: Du erkennst frühere „Fehler“, weil du heute besser weißt, was dir wichtig ist und worauf du bei dir selbst und anderen achten musst.

Prüfe, welche Möglichkeiten du jetzt hast

Diese Einsichten sollten dich ermutigen, dich nicht mehr mit Reue aufzuhalten. Verbessere deine aktuelle Situation, betrauere nicht mehr länger vergebene Chancen. Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft dagegen kannst du gestalten. Nehme als Grundlage für deine Entscheidungen das, was du inzwischen über dich gelernt hast: Was ist dir wichtig, wie kannst du künftig besser sicherstellen, dass dies auch einfließt? Oft gehört dazu die Einsicht, sich mit anderen Menschen als bisher zu umgeben oder gewisse Dinge anders umzusetzen. Das erfordert ganz praktische Schritte.

Der Kulturjournalist aus dem obigen Beispiel konzentrierte sich auf Bewerbungen in dem Bereich, in dem er arbeiten wollte, und fand nach drei Monaten eine neue, sogar besser bezahlte Stelle an seinem Wohnort. Alle Zusagen ließ er im Vertrag aufnehmen. Die Produktmanagerin suchte das klärende Gespräch mit ihrem Partner und musste feststellen, dass er im Grunde zufrieden mit der Fernbeziehung war, da sie ihm viel Freiraum bot. Sie verabschiedete sich danach von dem Gedanken an eine gemeinsame Zukunft. Sie trennte sich nicht sofort, ließ aber gelegentlich ihre Besuche ausfallen, um lieber etwas mit Freundinnen zu unternehmen und dabei vielleicht auch jemand anders kennen zu lernen.

Die meisten Fehler sind keine Irrtümer, sondern Stationen eines Lernprozesses. Sie sind daher unvermeidbar und auch wichtig, wenn du dich weiterentwickeln willst. Achte nur darauf, nicht immer die gleichen Fehler zu machen, sondern in deinen Entscheidungen zu berücksichtigen, was du gelernt hast – ohne Verbitterung, dafür mit ruhiger Entschlossenheit.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.





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