Vom Journalismus in die PR

[dropcap]W[/dropcap]enn in der klassischen Verlagswelt gar nichts mehr geht, kann ich immer noch in die PR gehen – viele Journalisten, die unzufrieden in ihrer Festanstellung oder als freie Mitarbeiter sind, spielen mit diesem Gedanken. Ein Wechsel in die Kommunikation lockt, etwa Sprecher eines Unternehmens oder einer Organisation werden oder als Redakteur im Content-Team Inhalte für Webseite bis Firmenmagazin produzieren und Social-Media-Kanäle betreuen.

Die Option erscheint wie der ersehnte Ausweg aus der Branchenkrise, der zudem auf ein verbessertes Gehalt und großzügigere Budgets hoffen lässt. Viele ehemalige Kollegen sind ihn bereits gegangen, so mag man sich denken, warum nicht auch ich? Doch sehr schnell stellt sich vielfach heraus: So einfach ist es nicht. Der Quereinstieg ist oft schwerer als gedacht, das angebotene Gehalt niedriger, und die Aufgabe stellt Anforderungen, die doch nicht zu jedem passen. Hier vier besonders häufige Irrtümer zum Wechsel in die PR.

Irrtum 1: Unternehmen sind dankbar über jeden Medienprofi

Möglicherweiser gab es einmal eine Zeit, in der Unternehmen dankbar waren, wenn sich ein Journalist eines renommierten Mediums dazu entschied, in die Kommunikation zu wechseln. Das ist allerdings lange vorbei. Eine besonders umworbene Ausnahme sind vielleicht noch hervorragend in einem bestimmten Segment (z.B. Auto, Technik) vernetzte Fach- und Chefredakteure. Auf Stellenausschreibung im PR-Bereich melden sich heute viele Journalisten regulär neben anderen Bewerbern, teils arbeitslos, teils unzufrieden im aktuellen Job, zusätzlich weitere über Blindbewerbungen.

Das bedeutet, die Konkurrenz ist groß, und das Alter entscheidet. Mit 30 Jahren ist der Wechsel noch relativ leicht. Mit 45 oder 50 Jahren tritt man jedoch gegen Bewerber an, die bereits eine ganze Karriere in dem Bereich vorweisen können, dazu den passenden Abschluss wie BWL oder Marketing haben. Journalisten bringen zwar eigene Qualitäten ein, z. B. Medienkontakte, die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte darzustellen, ein Publikum zu erreichen. Aber statt des Anrufes eines Headhunters ist ein mühsamer Bewerbungsprozess mit vielen Absagen das häufigere Szenario, auf das man sich einrichten sollte.

Irrtum 2: PR ist wie Journalismus, nur mit anderen Themen

Viele Formate im Kommunikationsbereich entsprechen den journalistischen Klassikern aus Text, Bild und Video: Meldungen, Reportagen, Interviews. Zudem folgt die PR mit einiger Verzögerung auch den aktuellen Entwicklungen der Medienwelt – von Social Media über „Storytelling“ (wie auch immer genau definiert) bis hin zur Einrichtung von Newsrooms. Es ist aber ein Irrtum, deswegen anzunehmen, dass es sich bei Kommunikation um eine Form von Journalismus handelt, der nur andere Themen habe. Auftrag und Anspruch sind anders.

Zum einen ist PR nicht neutral, wie es Journalismus zumindest sein sollte, sondern werblich und mit definierter Absicht und Zielgruppe. Das stellt für manchen ehemaligen Redakteur oder Reporter bereits ein Problem dar – „ich darf nicht mehr schreiben, was ich denke.“ Zudem ist PR eingebettet in ein enges Netzwerk aus Marketing-Aktivitäten und internen Prozessen, etwa zum Start eines neuen Produktes. Jeder Text muss oft vielfach abgestimmt und angepasst werden, viele Abteilungen reden mit. PR erfordert daher die Fähigkeit zu interner Diplomatie und und ein Verständnis für betriebswirtschaftliche Abläufe.

Irrtum 3: Wenigstens gibt’s mehr Geld

Für Erstaunen sorgt oft auch das Gehaltsangebot, vor allem bei angestellten Redakteuren mit einem Konzern-Arbeitsvertrag aus den 90ern. Nicht selten liegt es 20 bis 40 Prozent unter dem bisherigen Einkommen. Auch hier sorgen spektakuläre Einzelfälle – ehemalige Chefredakteure, die hochdotierte Konzernpositionen erhalten – für ein verzerrtes Bild. Sie sind die Ausnahme, nicht die Regel. Gerade produzierende Unternehmen haben oft relativ kleine Budgets für PR und Marketing, viele PR-Jobs finden sich eher bei Mittelständlern. Zudem können interessierte Quereinsteiger ohne PR-Erfahrung nur begrenzt handeln.

Ein Faktor ist auch, dass viele mögliche Arbeitgeber eher in Städten wie Wolfsburg, Essen, Neckarsulm, Ingolstadt, Ludwigshafen, Aschaffenburg, Leverkusen oder Mannheim sitzen. Mancher muss da erst Google Maps bemühen, um zu prüfen, wo genau das überhaupt liegt. Die dortigen Miet- und Lebenshaltungskosten prägen das Gehaltsniveau. Dazu kommt die Frage, ob man dort überhaupt leben will – was das für die private Lebensgestaltung von Beziehung und Freunden bis Freizeit bedeutet. Manche finden nach meiner Erfahrung unerwartet ihr Glück in der Provinz, andere werden zu frustrierten Dauerpendlern.

Irrtum 4: Als Journalist kann ich mich in alles einarbeiten

Es gehört zum Berufsbild des Journalisten, sich sehr schnell in jedes Thema einzuarbeiten, wenn es die Aktualität erfordert. Eine Recherche vom schnellen Nachlesen bei Wikipedia bis zum Experten-Interview knüpft an persönliches Vorwissen an und erweitert es. Allerdings ist das in der Kommunikation ein wenig anders: Sie erfordert die Bereitschaft, sich intensiv mit Themen zu beschäftigen und eine echte Fachkenntnis zu erwerben, um interne Anfragen und die von Fachjournalisten ausreichend einzuordnen und bearbeiten zu können.

Diese Themen sind möglicherweise sehr speziell, wenn man etwa für einen Betreiber von Stromnetzen, Klärwerken oder Einkaufszentren arbeitet, für eine Kette aus Supermärkten, Reisebüros oder Baumärkten oder Hersteller von Baumaschinen, elektronischen Sensoren oder B2B-Software. Selbst Konsumenten-Produkte wie Autos, Mode oder Pauschalreisen erfordern persönliches Interesse, wenn man sich jeden Tag gedanklich mit ihrer Konzeption, Herstellung und Vermarktung beschäftigen soll. Auch das Unternehmen selbst muss passen, man sollte es so interessant finden, dass man jeden Tag etwas Neues darüber lernen will.

Aus all dem ergibt sich, dass Kommunikation kein Ersatz für Journalismus ist, zu dem man sich herablässt, wenn sich gar nichts anderes mehr findet. Sie ist tatsächlich ein Beruf mit eigenem Profil – für manche perfekt geeignet als neue Karriere-Option, für andere dagegen keinesfalls. Er setzt ein Grundinteresse an BWL-Themen wie Marketing und den Produkten des Unternehmens voraus, die Fähigkeit, sich zurückzunehmen, gleichzeitig aber eine gewisse Leutseligkeit, wenn man Verkaufstalent so umschreiben will. PR ist am Ende das Verkaufen von Botschaften an andere (meist ehemalige Journalismus-Kollegen).

Sehr hilfreich ist es bei Interesse, sich mit ehemaligen Journalisten, die in die PR gewechselt sind, über deren Erfahrungen auszutauschen: Faktische Fragen klären, etwa typische Gehälter, aber auch die Themen und Probleme des beruflichen Alltags. Wenn man schon beim Zuhören zu Tode gelangweilt ist, passt Kommunikation wohl eher nicht. Am aufschlussreichsten ist aber wohl die Frage, ob der Betreffende selbst damit glücklich geworden ist oder, wenn sich die Chance böte, wieder in eine Redaktion wechseln würde.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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