eine junge Lehrerin schaut in die Kamera, im Hintergrund ihre Klasse. Sie ist stolz, dass sie ihren Weg gegangen ist.

Wie finde ich den Mut, meinen eigenen Weg zu gehen?

[dropcap]E[/dropcap]igene Ansichten und Entscheidungen finden nicht sofort überall Beifall. Das ist aber auch nicht notwendig. Wer seinen eigenen Weg gehen will, muss sich von den Urteilen anderer freimachen und eventuelle Hürden präzise identifizieren.

Ein Magazinredakteur mit besten Karriereaussichten kündigt, für alle überraschend, seinen Vertrag. Er schulte um und unterrichtet jetzt als Lehrer. Eine kluge Entscheidung? Eine junge Reporterin ist begeistert über ihre Beförderung zur Ressortleiterin. Bald aber fühlt sie sich überfordert und vermisst das Recherchieren und Schreiben. Sie wechselte zurück auf eine Autorenstelle. Eine verpasste Chance? Ein Pauschalist erhält eine Festanstellung bei einem äußerst renommierten Titel, ist aber enttäuscht von den Realitäten des Verlages. Er kündigt, um wieder frei zu arbeiten. Ein Entscheidung, die er später einmal bereuen wird?

Jeder Medienprofi steht vor beruflichen und persönlichen Entscheidungen, die er am Ende nur allein treffen kann. Er kann sich viele Meinungen einholen – Partner, Familie, Freunde, Kollegen –, eventuell auch professionelle Unterstützung (z. B. Coaching) suchen. Er ist aber gut beraten, sich nie die endgültige Entscheidung aus der Hand nehmen zu lassen. Denn er hat seine ganz persönliche Wahrnehmung und wird die Konsequenzen letztendlich tragen. Aber wie findet man seinen eigenen Weg und den Mut dazu? Die Meinungen und externen Beeinflussungen sind unendlich. Einige Gedanken dazu heute in der Kolumne.

Verschiedenste Lebens- und Gedankenwelten

Einige Reaktionen auf meine letzte Kolumne über die vielgestaltigen Wünsche und Herausforderungen weiblicher Medienprofis haben dieses Spannungsfeld gut illustriert. Es gab Zustimmung, Ablehnung, natürlich auch gelassenes Desinteresse. Häufig war aber folgende Fehlwahrnehmung: Dass es sich bei den Beschreibungen um meine „Meinung” handele, ich also bestimmte Ansichten oder Lebensweisen empfehlen wolle, die dringend der Korrektur bedürften. Das trifft allerdings überhaupt nicht zu. Es waren Beobachtungen aus der Coaching- und Redaktionspraxis, letzteres bei mir seit 30 Jahren (1990).

Ich arbeite mit unterschiedlichsten Medienprofis, die sich in verschiedensten Lebens- und Gedankenwelten verankert fühlen. Was die politischen und gesellschaftlichen Ansichten angeht, ist das gesamte Parteienspektrum im Bundestag vertreten. Als Coach habe ich ausdrücklich keine Agenda. Es ist sogar grundlegender Teil einer Coaching-Ausbildung, eigene Vorstellungen und Ansichten zu reflektieren, um sie in der Arbeit mit einem Klienten hinter sich lassen zu können – um ihn nicht auf den eigenen Horizont zu begrenzen.

Die schönste, vielleicht hilfreichste Seite eines professionellen Coachings ist die komplette Offenheit und Ehrlichkeit im Gespräch: Wie ist die Lage wirklich, was will ich eigentlich und wie kann ich es erreichen? Für einmal spielen die Ansichten und Vorstellungen aller anderen keine Rolle. Nicht einmal diejenigen des Coaches, der nur für den Rahmen des Prozesses verantwortlich ist. Der Klient entscheidet, was ihm wichtig oder wünschenswert erscheint. Er spricht einmal aus, was ihm wirklich durch den Kopf geht. Soll ich meine Stelle behalten? Bin ich gut genug? Verdiene ich angemessen? Hat meine Ehe noch eine Chance?

Individuell: Eigene Antworten finden

Ein Coaching konzentriert sich auf die Suche nach Antworten im individuellen Bereich. Es unterstützt dabei, sich klarer über sich selbst und seine Wünsche zu werden, daraus Pläne zu entwickeln und sie umzusetzen. Gelegentlich geht es darum, neue Fähigkeiten zu üben, etwa zielgerichtetes Netzwerken. Meist aber darum, sich erst einmal Freiräume für all das zu verschaffen: Sich von den Meinungen und Erwartungen anderer zu befreien, die Hoheit über die eigenen Entscheidungen (z. B. seinen Kalender) zurückzuerobern, aktiv zu werden.

Beispiel: Ein Redakteur, der sich nach mehr als 20 Berufsjahren umorientieren möchte, aber im Journalismus nur wenige Optionen sieht und ungeübt in Bewerbungen ist. Mit ihm würde ich als Coach zuerst seine generelle Lebensplanung klären (z. B. gewünschten Wohnort). Dann gemeinsam anhand seiner Vita und Interessen zusätzliche Berufsfelder und Branchen und Tätigkeitsfelder erschließen. Schließlich die Bewerbungsunterlagen und Online-Profile aktualisieren, ihn durch Bewerbungsgespräche und den Firmenwechsel begleiten.

Nutzen Medienprofis ihre individuellen Möglichkeiten schon ausreichend? Meist ja, aber auf eine sehr belastende Weise. Sie haben ihr Leben „über-optimiert”: Vollgestopfte Kalender, überplante Tage, ausgereizte Finanzen und Kräfte. Hier hilft es, Prioritäten zu erarbeiten und so viele nachrangige Aktivitäten wie möglich zu beenden, zu reduzieren oder zu verschieben. Das erst schafft Spielräume für Veränderungen, beispielsweise mehr Zeit für neue Kontakte und das Auswerten des Stellenmarktes für Medienprofis.

Strukturell: Rahmenbedingungen verbessern

Gleichzeitig ist es unstrittig, dass es für jeden und alles Rahmenbedingungen gibt. Jedes individuelle Handeln stößt an Grenzen, etwa organisatorische, gesellschaftliche, politische oder gesetzliche. In einem Coaching lässt sich ihre Relevanz diskutieren und prüfen, wo noch eventuell Spielräume liegen. Etwa der Wechsel zu einem Arbeitgeber mit flexibleren Arbeitszeiten oder eine Steuerersparnis für Freie durch Wechsel der Unternehmensform. Die Rahmenbedingungen selbst zu verändern, ist aber eine politische Frage.

Beispiel: Eine Produktmanagerin erzieht nach einer Trennung ihr Kind allein. Da sie nur eine Kita gefunden hat, die 30 Minuten von ihrer Arbeitsstelle entfernt liegt, verpaßt sie häufig das wichtige Ende von Meetings. Sie fühlt sich erschöpft und sowohl von ihrem früheren Partner, ihrer Firma, der Stadt wie der Gesellschaft allgemein im Stich gelassen. Als Coach könnte ich mit ihr am Stress-Abbau arbeiten, Gespräche und Verhandlungen mit Ex-Partner und Arbeitgeber begleiten. Langfristig: Planungen für einen günstigeren Wohn- oder Arbeitsort.

Für grundsätzliche Veränderungswünsche gibt es das ganze Spektrum an politischen und gesellschaftspolitischen Organisationen mit teilweise sehr spezifischen Profilen. Etwa das Karriere-Netzwerk Panda speziell für Frauen in Führungspositionen oder Neue deutsche Medienmacher für Medienprofis mit Migrationsgeschichte. Ebenso selbstverständlich weiterhin DJV oder Verdi, Fachbereich Medien. Hier kann es individuelle Hilfe geben (z. B. durch Beratung oder Kontakte), die Anliegen sind aber häufig langfristig.

Wer sich ein erfolgreicheres, angenehmeres und sinnvolleres Leben wünscht, tut gut daran, eventuelle Hinderungsgründe möglichst präzise zu identifizieren. Eventuell sind es nicht „die Strukturen”, sondern der falsche Partner oder Arbeitgeber. Nicht „das System”, sondern frühere Lebensentscheidungen. In anderen Fällen wird einem durch eigenes Erleben eine eklatante Ungerechtigkeit bewusst, die man in einer lebendigen Demokratie positiv und aktiv angehen kann. In beiden Fällen zeigt sich darin der eigenverantwortliche Mensch.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf kress.de

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