Wie lang soll ich in einem Job bleiben?

[dropcap]E[/dropcap]ine Reporterin hatte erst vor zwei Monaten bei einem angesehenen Magazin angefangen, wollte aber um jeden Preis wieder weg. Bis zur Anstellung hatte sie den Titel verehrt und es als Auszeichnung angesehen, als sie dort einen den Vertrag bekam. Doch schon wenige Wochen später war sie ernüchternd: Sie fühlte sich von den Kollegen im Ressort beiseite geschoben und eingeengt. Die Aufgaben erschien ihr monotoner und anspruchsloser als bei der Lokalzeitung, bei der sie vorher war, die Stimmung angespannt und intrigant.

Der Chef vom Dienst eines Newsrooms war bereits seit mehr als 15 Jahren im gleichen Job, der ihn trotz seiner Routine immer mehr erschöpfte. Wegen des täglichen Stress, die aktuelle Produktion pünktlich abzuschließen, der immer neuen zusätzlichen Aufgaben und wegen der Spätschichten, die ihn als Familienvater besonders belasteten. Er hatte viele Mitarbeiter und Chefs kommen und gehen sehen, selbst aber nie ein besseres Angebot erhalten. Zunehmend sorgte er sich, den Zeitpunkt für einen Wechsel verpasst zu haben.

Beide Beispiele haben, so unterschiedlich sie sind, eine Gemeinsamkeit: Die Frage, wie lange man in einem Job bleiben sollte und wann es Zeit für einen Wechsel ist. Soll man bei erkannten Problemen schnell wechseln oder erst einmal aushalten, besser regelmäßig etwas Neues suchen („flexibel sein“) oder möglichst lange bleiben („Loyalität zeigen“)? So individuell die Antworten ausfallen mögen, gibt es doch einige bewährte Empfehlungen.

Zunächst einmal sollte Ihnen bewusst sein, dass es keine starren Regeln gibt („wer nicht alle drei Jahre wechselt, ist schnell vergessen“ oder ähnliches). Es ist auch nicht zu empfehlen, seine Lebensplanung nach den Sachbearbeitern in der Personalabteilung auszurichten, die einen vielleicht schon am nächsten Tag wieder vergessen haben. Vielmehr geht es um eine praktikable Mischung aus strategischem Denken, dem Abwägen eigener Werte und einer regelmäßigen Überprüfung, ob man am richtigen Platz ist oder lieber woanders wäre.

Manchmal ist schon die Probezeit genug

Immer wieder kommt es z. B. vor, dass jemand schon nach kurzer Zeit feststellt, dass eine neue Stelle nicht passt. Manchmal hat man es sich anders vorgestellt (z. B. interessantere Aufgaben, besseres Betriebsklima). Nicht selten hat auch der Arbeitgeber entscheidende Informationen verschwiegen (z. B. hohe Fluktuation wegen ständiger Überlastung des Teams). Eine Kündigung innerhalb der Probezeit ist hier eine mögliche Option.

Manche Medienprofis haben Hemmungen, schon innerhalb der ersten Monate wieder zu gehen. Hier ist zu sagen: Die Probezeit gilt für beide Seiten – auch der Arbeitgeber muss sich bewähren. Üblicherweise lässt sich solch ein kurzer Ausflug auch problemlos im Lebenslauf verschweigen und sollte selbstverständlich die Ausnahme sein. Auf Dauer spricht es sich natürlich in der Branche herum, wenn jemand immer wieder abspringt.

Ein Wechsel nach ein bis zwei Jahren gilt allgemein als völlig akzeptabel, wenn er mit einer hierarchischen Verbesserung verbunden ist. Beispiel: Vom Redakteur zum Chefreporter oder (stellvertretenden) Ressortleiter. Dann war die Zeit im vorherigen Job zwar auch relativ kurz, aber scheinbar hat sich der Mitarbeiter bewährt und wurde intern befördert bzw. extern angeworben. Auch hier gilt allerdings, dass derartig schnelle Wechsel die Ausnahme bleiben sollten. Irgendwann entsteht sonst der Eindruck, jemand wäre ein reiner „Jobhopper“.

Drei bis fünf Jahre in derselben Position werden vielfach als ideale Dauer gesehen: Man lernt neue Fähigkeiten, die der Job erfordert, wird mit den Folgen seiner Entscheidungen konfrontiert und muss diese bewältigen. Auf eine mehr oder weniger steile Lernkurve folgt eine Plateauphase, in der Zeit und Kraft für die Details der Aufgabe sind: Man kann sich selbst verbessern, z. B. auch eine Weiterbildung besuchen oder intern rotieren, weil nicht mehr alle Aufmerksamkeit für die tägliche Arbeit benötigt werden.

Nach fünf Jahren wird es langsam kritisch

Eine längere Verweildauer in einer Position, fünf bis zehn Jahre, erweckt oft den Eindruck der Stagnation. Häufig lässt sie sich zumindest im Lebenslauf in Phasen gliedern, die eine gewisse Entwicklung demonstrieren. Beispiel: Jemand hat zwar acht Jahre in derselben Redaktion gearbeitet, war aber drei Jahre davon als Reporter, dann als Redakteur und zuletzt mit Betreuung von freien Mitarbeitern und Volontären. Zunehmend aber entsteht der Eindruck, dass hier jemand mit seinen Karriere-Ambitionen abgeschlossen hat.

Für viele ist das vollkommen akzeptabel. Es ist absolut möglich, sich gegen Veränderung zu entscheiden. Typische Gründe sind der Wunsch, zuerst private Dinge geregelt zu haben (z. B. Ausbildungsende der Kinder, Haus bezahlt). Problematisch wird es, wenn jemand sich einen Wechsel oder Aufstieg wünscht, aber nicht schafft. Hier ist die schmerzhafte Wahrheit: Kaum jemand wird langfristig völlig verkannt. Wer einfach nicht von der Stelle kommt, muss sich prüfen, woran es liegt – fehlt es an Kenntnissen, Mut zum Wechsel, Selbstbewusstsein?

Manchmal selbst intern keine Chance mehr

Eine sehr lange Betriebszugehörigkeit, zehn oder mehr Jahre, kann sich selbst bei internen Bewerbungen als Problem herausstellen. Wenn die meisten anderen Abteilungen im Unternehmen schon längst in Tochtergesellschaften ohne Tarifbindung überführt sind, ähnliche Stellen damit nicht selten bis zu 30 Prozent niedriger bezahlt, haben Bewerber mit Altverträgen oft keine Chance mehr. Sie werden abgelehnt, selbst wenn sie beim Gehalt eventuell Einbußen hinnehmen würden, um dafür eine neue Aufgabe zu haben.

Bei externen Bewerbungen ist ebenso mehr Geduld und Beharrlichkeit notwendig, bis sich eine passende Chance auftut. Entscheidend ist, dass echte Flexibilität – Arbeit, Wohnort, Gehalt – vorhanden ist und der Wille, wirklich etwas für einen Wechsel zu tun (z. B. fünf Bewerbungen pro Monat verschicken). Wer exakt den gleichen Job hat wie bisher, auch in der gleichen Stadt, aber woanders mit höherem Gehalt sucht, wird lange warten müssen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es nur noch die Option gibt, still zu leiden und ansonsten bis zur Rente zu warten (was vielfach doch noch 20 Berufsjahre wären). Ich habe als Coach viele langjährige Journalisten begleitet, die intern suggeriert bekamen, dass sie eigentlich Auslaufmodelle wären – zu alt, zu teuer, zu unflexibel. Bei anderen Arbeitgebern stellte sich dann heraus, dass sie hervorragend mit jüngeren Kollegen zurecht kamen, sich gern und gut in neue Themen einarbeiteten, die Leidenschaft und Begeisterung von einst wiederfanden.

So geht es also bei der Frage, wie lange man in einem Job bleiben sollte, immer um eine Abwägung aus vielen Faktoren, die vielfach gegenläufig sind. Beispiel: Ein neuer Job würde einen Umzug erfordern, aber der Partner will oder kann nicht, und den Kindern gefällt die aktuelle Schule. Hier geht es also darum, eine Rangliste der Prioritäten zu erstellen und hinzunehmen, dass jede wesentliche Verbesserung auch immer etwas kostet.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.

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