Wieso Motivationssprüche so selten wirklich etwas verändern
[dropcap]M[/dropcap]anchmal muss man sich wundern, dass überhaupt noch jemand Probleme hat. Überall gibt es Lebensratschläge, die so einleuchtend und logisch klingen: Gib niemals auf. Glaube an Dich. Lass los, was Dich verletzt. Vergib, um selbst frei zu sein. Lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter. Wer als Medienprofi jeden Tag im Netz unterwegs ist, begegnet derartigen Motivationssprüchen dutzendfach auf Facebook, Instagram, Lifestyle-Seiten, Blogs.
Natürlich liest man sie, „findet sie gut“ und teilt sie gern auch mit anderen. Erstaunlicherweise verändern sie jedoch meist nichts, wie die Coaching-Praxis zeigt, es geht weiter wie gehabt. Motivationssprüche sind fast wirkungslos, obwohl sie scheinbar grundsätzliche Wahrheiten und Lebenserfahrungen zusammenfassen. Warum das so ist und wie Sie derartige Sprüche trotzdem für Ihre beruflichen und privaten Ziele nutzen können – darum soll es heute gehen.
Zuerst zu den Gründen, warum Motivationssprüche meist wirkungslos sind:
- Der Ratschlag ist lebensfremd: Viele Sprüche klingen gut, sind aber trotzdem falsch. Beispiel: „Gib niemals auf!“ In Wahrheit ist es oft sinnvoll, etwas aufzugeben, auch wenn man lange dafür gekämpft hat – etwa den vermeintlichen Traumjob, der sich als perspektivlos herausstellt.
- Der Tipp ist zu oberflächlich: Viele Ratschläge ignorieren die Gründe für bestimmtes Verhalten. Beispiel: „Glaube an Dich.“ Das lässt sich nicht auf Befehl erreichen. Geringes Selbstvertrauen hat Ursachen, z.B. Herabsetzung im Elternhaus. Zuerst müssen diese gefunden und beseitigt werden.
- Die Motivation wird vergessen: Viele Menschen halten wider besserem Wissen an schlechten Dingen fest (z.B. lieblosem Partner), weil sie ihr schlechtes Selbstbild bestätigen – „mehr verdiene ich wohl nicht“. Ein Spruch wie „Lass los, was Dich verletzt“ allein verändert das nicht.
- Das Zitat selbst ist erfunden: Viele angebliche Weisheiten berühmter Leute sind sowieso erfunden. Beispiel: Einstein soll gesagt haben, jeder sei ein Genie. Klingt tröstlich, hat der berühmte Physiker aber niemals behauptet. Der Spruch kursiert seit 100 Jahren durch Bücher, Herkunft unklar.
- Der Ratschlag verhindert Aktion: Oft sind die Empfehlungen eher Durchhalteparolen und verhindern damit manchmal, dass man aktiv wird. Beispiel: „Wenn es 1000 Mal nicht klappt, versuche es 1001 Mal.“ Durchhalten ist aber nicht immer die beste Taktik, erfolglose Pläne muss man aktiv ändern.
- Echte Grenzen werden ignoriert: Häufig versprechen die Motivationssprüche, dass alles möglich sei – was nicht stimmt. Beispiel: „Du kannst alles schaffen, was du willst.“ Wer Superstar, Topmanager oder Spitzensportler werden will, braucht besonderes Talent, extremen Fleiß, Wille zum Verzicht – das hat und will nicht jeder.
- Die Vorbilder sind völlige Ausnahmen: Viele Sprüche nennen Beispiele wie Erfinder Thomas Edison, Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling oder US-Präsidenten. Das Problem hier: Derartige Aufsteiger sind seltene Ausnahmen, die meisten Menschen bleiben laut Statistik in der sozialen Schicht ihrer Herkunft.
Trotzdem sind Motivationssprüche nicht ganz sinnlos: Sie können helfen, eine kurze Krise (z.B. wegen einer Umstrukturierung) durchzuhalten, indem sie auf ein größeres, wichtigeres Bild (z.B. den Karriereplan über fünf Jahre) hinweisen. Sie können inspirieren, die bisherige Lebensgestaltung und Taktik zu überdenken und eventuell zu verändern. Bedeutet: Sie sind eine gute Anregung, beschreiben aber eher ein Ziel, als eine Hilfe dahin zu sein.
Wer echte Veränderung will, muss tiefer gehen
Echte Veränderung erfordert, etwas tiefer zu gehen: Herauszufinden, warum Sie etwas tun – was Sie geprägt hat, was Sie sich persönlich wünschen und wie Sie Dinge am besten für sich umsetzen, denn auch das macht jeder etwas anders. Statt einzelner Sprüche ist es dafür oft anregender, einmal die Biografie des Menschen lesen, von dem das Zitat stammt. Sie zeigt oft sehr eindrucksvoll, dass vermeintlichen Grenzen (z.B. kein Geld für eine eigene Firma, keine Zeit für eine Weiterbildung) vielleicht weiter gesteckt sind, als Sie bisher geglaubt haben.
Ich habe bei Klienten in fast allen Medienhäusern gesehen, dass sehr vieles möglich wurde, wenn sie genau wussten, was sie wollten – und die richtigen Leute auf eine begründete Art danach gefragt haben. Interne Versetzungen und Aufstiege, unterstützte Weiterbildungen und Sonderprojekte, Einsätze in Auslandsbüros, Wechsel auf Teilzeit auch als Führungskraft, um nebenbei eine eigene Firma aufzubauen oder mehr Zeit für das Privatleben zu haben.
Bewährt hat sich vor allem eine Form des Motivationsspruchs: Die positive Selbstbestätigung (eine Variante von „Du kannst das schaffen“) als einprägsame Formel für Momente der Angst oder Aufregung, etwa vor einer Präsentation oder in den ersten Tagen in einem neuen Job. Hier geht es gar nicht um tiefgreifende Veränderung, sondern nur um eine schnelle Hilfe und Ablenkung für einen kurzen Moment der Unsicherheit und des Zögerns. Und dafür eignet sich ein kleiner Motivationsspruch, sozusagen als weltliche Variante des Stoßgebets, allemal.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Kress.de.
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